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Im Zusammenhang mit der neuen Tierschutzverordnung ist sie nun immer wieder zu lesen oder zu hören, die Idee von den „Leih-Meerschweinchen“.

 

Zwei Schwestern verstehen sich immer.

 

Sie entstand vor einigen Jahren, weil mehrere Leute in meinem Bekanntenkreis plötzlich nur noch ein Meerschweinchen hielten, obwohl vorher eine ganze Gruppe bei ihnen gelebt hatte. Auf meine Frage, was das eine Meerschweinchen denn so alleine in seinem Käfig / Gehege mache, bekam ich die Antwort, dass sie nun eben kein neues mehr kaufen möchten, da ihre Kinder schon gross seien, und sie eigentlich keine Meerschweinchen mehr wollten.
Dass die Leute irgendwann mit der Meerschweinchenhaltung aufhören wollen, ist ja verständlich. Und es ist in der Tat so, dass Meerschweinchen praktisch nie gleichzeitig sterben,  auch wenn sie exakt gleich alt sind (ausser es sei etwas Giftiges oder ein Raubtier im Spiel). Aber dass das letzte Tier dann wochen-, monate- oder gar jahrelang allein sein Dasein fristen muss, ist einfach nicht in Ordnung. Also bekamen sie ein Meerschweinchen aus meiner Gruppe ausgeliehen, das dann nach Ableben ihres letzten Tieres wieder zu mir zurück kam.

 

Unterdessen züchte ich schon bald 10 Jahre Meerschweinchen, und immer mehr Tierarztpraxen in der Umgebung schicken die Leute, die ein Tier einschläfern lassen mussten, zu mir, um einen Ersatz zu holen. Immer wieder gibt es da auch solche, die eigentlich lieber ihr verbliebenes Meerschweinchen bei mir abgeben würden. Wenn ich aber alle die verwaisten Meerschweinchen bei mir aufnehmen müsste, hätte ich schon längst anbauen müssen, und hätte wohl das halbe Haus voller Meerschweinchen, da für alte oder sehr alte die Aussenhaltung im Winter zu beschwerlich ist (sie haben nicht mehr so viel Appetit und verlieren an Gewicht, weil sie bei grosser Kälte mehr Energie brauchen als sie zu sich nehmen können).

Auch haben viele dieser Meerschweinchen nur zu zweit oder dritt gelebt, ihr ganzes Leben lang, und denen wäre es in einer Grossgruppe wie bei mir gar nicht wohl.

Aber den Rest ihres Lebens ein Einzelhaft verbringen sollten sie nun wirklich auch nicht.

Also kam wieder die Leih-Meerschweinchen-Idee zum Zug.
Die Leute sollen ihr älteres Tier bei sich behalten, wo es in der gewohnten Umgebung den Rest seines Lebens verbringen darf, aber in Gesellschaft eines meiner Meerschweinchen. Manchmal ist es ein Rentnertier (die Zuchtweibchen gehen bei mir mit etwa 3 Jahren in Pension, da sind sie noch rüstig genug, einen Umzug wegzustecken, und wenn sie dann wieder zurück kommen, bleiben sie den Rest des Lebens hier), mal ein Jungtier. Manche Tiere kommen schon nach wenigen Wochen zurück, andere erst nach fast zwei Jahren. Wichtig ist einfach, dass keines der Leih-Meerschweinchen ein Wanderpokal ist, und immer wieder von einem zum andern Ort ziehen muss. Wer als Leih-Meerschweinchen auswärts war, bleibt entweder den Rest des Lebens nachher bei mir, oder zieht an einen definitiven Platz, wo es ebenfalls für immer bleiben kann.

Die Leute müssen die Leih-Schweinchen übrigens ordnungsgemäss kaufen und bezahlen. Wenn sie wollen, bekommen sie aber einen Teil des Geldes wieder, wenn sie das Meerschweinchen zurück bringen. Manchmal kommen die Leihmeeris auch gar nicht mehr retour. Die Leute merken, dass ihnen die Meerschweinchen doch noch so viel Freude machen, dass sie weiterhin welche halten möchten – und dann holen sie nach dem Ableben ihres eigentlich letzten Tieres doch wieder eines dazu.

Für ganz viele Familien ist das Leih-Meerschweinchen aber ein guter Weg, Abschied zu nehmen von den Haustieren. Man hängt sein Herz nicht ganz so sehr an ein Tier, von dem man von Beginn weg weiss, dass es nur vorübergehend hier lebt....

 

Aber auch ein Altbock mit einem Jungbock geht meistens gut.

 

Leih-Meerschweinchen gibt es übrigens schon lange bei vielen Züchterinnen und Züchtern – die Idee ist nur jetzt so berühmt geworden, weil es mit der Einführung der neuen Tierschutzverordnung am 1.September 2008 explizit verboten ist, Meerschweinchen einzeln zu halten.
Für die Züchterinnen und Züchter ist das schon lange klar, und denen ist es natürlich ein grosses Anliegen, dass keiner ihrer Schützlinge irgendwo gelangweilt und traurig allein sein Dasein fristet!
 

Priska Küng