Haltung
Kaninchen können zwar nicht sehen, was sich direkt vor ihrem Maul befindet, doch der Geruchssinn und die feinfühligen Lippen mit den umgebenden Tasthaare helfen, auch die zartesten Blättchen oder - in unserem Fall - das Rüebli zu finden. Mit den meisselartigen Schneidezähnen werden Stücke abgebissen und mit den Backenzähnen gut zerkaut. Vier Paar Speicheldrüsen sondern Speichel mit verschiedenen Enzymen ab, die bereits in der Maulhöhle mit der Verdauung der Nahrung beginnen. So wird die kleine Menge Stärke, die im Rüeblistück vorhanden ist, zu Zucker abgebaut.
Probleme bei der Fütterung zu vermeiden.
Im Magen herrscht ein saures Klima: bei dem pH-Wert (Säurewert) von 1 bis 2 werden Mikroorganismen abgetötet und die Nahrung so sterilisiert. Unser Karottenstück, das natürlich unterdessen längst zu Brei geworden ist, braucht ungefähr drei bis sechs Stunden, um den Magen zu durchqueren. Hier wird das Eiweiss mit Hilfe von Pepsin und Salzsäure bereits etwas aufgeschlossen und auf die Verdauung im Darm vorbereitet. Fette und Kohlehydrate hingegen passieren den Magen praktisch unverändert.
Einzigartig in der Tierwelt ist das natürliche Antibiotikum Milchöl, das Nestlinge
aus der Muttermilch produzieren.
Der Magen ist nicht von Beginn weg so sauer: Nestlinge haben in ihrem Magen einen nur schwach sauren pH-Wert von 5 bis 6,5. (Wasser besitzt einen pH-Wert von 7 und ist damit neutral.) Die Muttermilch wird im Magen der Kleinen zu einer halbfesten Dickmilch. In kleinsten Portionen wird die Dickmilch über einen Zeitraum von fast 24 Stunden in den Dünndarm abgegeben. Durch diese langsame Magenentleerung leiden die Kleinen, die ja nur einmal pro Tag gesäugt werden, keinen Hunger.
um Verdauungsproblemen vorzubeugen.
Da dieser pH-Wert bei weitem nicht ausreicht, um den Mageninhalt steril zu halten, hat sich Natur einen speziellen und in der Tierwelt einzigartigen Trick einfallen lassen: Verdauungsenzyme aus dem Magen der Kleinen bilden mit Substanzen aus der Muttermilch das Milchöl. Dieses wirkt als natürliches Antibiotikum und hält den Verdauungstrakt der Nestlinge in den ersten zwei Wochen völlig bakterienfrei. Daraus ist auch eine grundsätzliche Schwierigkeit bei der mutterlosen Aufzucht ersichtlich: Ohne dieses Milchöl, das nur mit Kaninchenmilch gebildet wird, sind die Nestlinge den Mikroorganismen schutzlos ausgeliefert. Selbst wenn die Aufzucht gelingt, sind die Tiere ein Leben lang anfälliger auf Verdauungsstörungen.